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Essen muss gelernt sein

Hinzu kommt, dass zwischen dem Alter von knapp 2 und ca. 8 Jahren Kinder überhaupt erst lernen müs- sen, eine breite Palette von Lebensmitteln zu erken- nen und richtig auszuwählen. Ebenso müssen sich die Geschmacksnerven langsam an die unterschiedlichen Nahrungsmittel gewöhnen. Aus diesem Grund sind die meisten Kinder in dieser Phase "schlechte" oder "vorsichtige" Esser. Das heißt aber nicht, dass sie in dieser Zeit weniger Nährstoffe brauchen; im Gegen- teil. Dass die Zurückhaltung beim Essen ein Grund zur Sorge ist, wussten auch noch die meisten unserer Eltern und Großeltern. Sie haben sich daher einer Palette von Tricks bedient, um sicherzustellen, dass die eigenen Kinder vor dem Nachtisch auch genug vom Eintopf aßen. Die mühsamen Rituale wie "ein Löffelchen für Tante Ingeborg" waren in den meisten Familien Gang und Gäbe. Essen – oder besser das Nichtessen – war noch bis vor wenigen Jahrzehnten – zu Recht – häufiger Gesprächs- stoff in den Familien. Dass Kinder lernen müssen, ge- sunde Lebensmittel zu essen, wurde ebenfalls wissen- schaftlich ausgiebig erforscht und belegt. Einblicke in die wissenschaftlichen Erkenntnisse bietet zum Beis- piel die Studie "Development of Eating Behaviors Among Children and Adolescents" von 1998, zu finden unter den Quellenangaben. Der Hintergrund ist auch hier ganz einfach: Evolutions- bedingt haben sich Menschen aus den Angeboten der Umgebung ernährt. Grundsätzlich galt: Süßes und Fettiges gab es selten, Essen war frei von fragwürdigen, gefährlichen Zusatzstoffen und enthielt viel Energie. Wer davon etwas fand, konnte hemmungslos zugrei- fen. Pflanzen, die sauer, scharf oder bitter schmeckten und vielleicht auch noch grün waren, waren hingegen teilweise sehr giftig. Um Kinder zu schützen, hat sich "Mutter Natur"“ daher eines einfachen Tricks bedient: In dem Alter, in dem Kinder noch nicht sicher zwischen ungefährlichen und gefährlichen Lebensmitteln un- terscheiden können, sich aber bereits von der Mutter entfernten, lehnten sie alles, was sie nicht sicher kann- ten oder was süß oder fettig war, ab. Kinder mussten lernen, dass Rosmarin für sie sehr gesund ist, Eiben aber giftig. Oder dass Bärlauch im Frühjahr ihr Immun- system stärkt, aber schon wenige Blätter vom Maiglöck- chen sie tötet. Diese Pflanzenpaare sehen sich nämlich sehr ähnlich. Dieser Prozess hat auch einen wissenschaftlichen Namen und nennt sich "Neophobie": fremdes Essen ablehnen. Unter dem gleichen Selbstschutz "leiden" auch andere Säugetiere wie zum Beispiel Ratten und Kapuzineräffchen. Auch die Jungen dieser Tierarten müssen von den erwachsenen Tieren lernen, welche Lebensmittel sie essen können und welche nicht. Die Erwachsenen dieser Säugetierarten, also auch wir Menschen, müssen unserem Nachwuchs mühsam beibringen, was er ohne Sorge in den Mund stecken darf und was nicht. Die Voraussetzung dafür ist, dass ausgewachsene Tiere wie erwachsene Menschen sel- ber wissen, welche Nahrungsmittel die Gesundheit fördern und welche ihr schaden.

Quellen und weitere Informationen

zu "Essen muss gelernt sein"

Pediatrics, March 1998, VOLUME 101 / ISSUE Supplement 2 "Development of Eating Behaviors among Children and Adolescents", Leann L. Birch, Jennifer O. Fisher Spiegel online 12.06.2011 "Ernährung für Kinder - Vorsicht, bitter! Achtung, sauer!" Auszüge aus dem Buch "Deutschland Kranke Kinder" von Ulrike von Aufschnaiter (1)

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